Rheinhessen--sind das richtige Hessen?
Unsä Schäff-Filosof un Dorfdi(s)chtä, Klausi Vielreddnä, hodde als bassablä Versreumä vielälei Kontakte mit annern Dorffdi(s)chtä aas Siedhesse un Umgäwung, woas moan(s)chmoal aach unsere Filosoferunde in de Kneip Zim weise Mondmoann fruchtboar berei(s)chern daht.
Dehalb daht`s koanen vun uns wunnern, doass emoal oan Gast baa uns äschien.
„I(s)ch bin de Maddin Weusifflä“, daht si(s)ch oan Moann im middlere Aldä vostelle, „i(s)ch wohn in Pfeddersheum. Des duht baa Worms leihe,dordd bin i(s)ch de
Dorffdi(s)chtä. Joa, ihr braacht net so iwärascht zu gucke, Filosofe, aach in Rheuhesse duhn Dorffdi(s)chtä ihr Uuwäse dreiwe....noa, i(s)ch muss mi(s)ch korrigiern, duhn dordd mit tiefgriendi(s)che Verse die noach Woahrhaat derstende Leit ....riehrend un mit Hingoabe begligge.“
Koanä vun uns musste lache.
„I(s)ch hebb moal äh Froag“, babbelte Heunä, „seun die Mensche, die wo in Rheuhesse wohne aach Hesse?“
Iwälä(s)chend wie(s)chte Maddin seun Wersching hie un hä. „Rheuhesse geheert net zim Bundesloand Hesse, sunnern zu Rheuloand-Palz. Awä wä duhn aach so babble wie ihr liewe Leit hier in de .Rund. Also äh annä Rass seun mä net. Annersdä is des mit de Palz, also zim Baaspiel siedli(s)ch vun uns Rheuhesse, die babble deutli(s)ch annersdä, moan(s)chmoal duht denne ihr Schproach schun ebbes oan die Badensä un Schwäbli äinnern.“
„Un wie is des mit Esse?“ froate Ludwi(s)ch, „Duht`s doa aach Gemeunsoamkaate mit uns Hesse hier oan de Bergstroaß gewwe?“
Unsä Gast niggte. „Nadierli(s)ch, de Hoannkees seun uns net fremd.
Junge Rheuloand-Pälzä duhn aach gern Hoannkees esse
net nur die väbiesterte oalde Hesse.“
„Mä seun doch net väbiestert“, protesdierte Klausi ebbes belaadi(s)cht, „egoal ob oald orrä jung.“
„Geschenkt“, winkte Maddin oab, „wä will, daff aach des Wordd dor(s)ch schterri(s)che orrä schpießi(s)che äsetze.“
Doamit dahtä uns net beruhi(s)che un mä glotzte ebbes pikiert.
De Moann muss des bemerkt hobbe un wäkselte des Thema. „De Klausi hodd mä väzählt, doass im Vehelsber(s)ch beraats Naggtflitzädreffe mit Äfolg statt gefunne häm:“
„I(s)ch waaß des aach nur vum Schor(s)chi“, ä linste zu mä riebbä; „ob des schtimme duht, koann i(s)ch net si(s)chä beschdädi(s)che“.
„Des seun jetz net so wi(s)chdi(s)ch“, winkte de Moann aas Rheuhesse oab, „awä baa uns, euni(s)che Kilometä nerddli(s)ch vun Worms uf de linke Rheusaat hodds beraats sol(s)che Dreffe, baa denne diesä scheene oalddeitsche Brauch geflä(s)cht worn seun, gegewwe. Des is eunmoal pro Joahr, jedesmoal wern`s mä Naggtflitzä.
Awä moal woas anneres in eu(s)chnä Sach: I(s)ch will ei(s)ch moal ähn Baaspiel fer meu groandios Di(s)chtkunst schenke. Meun Bu, de finfzehjähri(s)che Sven, hodd vo nä Woch äh nei Freindin ägattert,so ne Blondin mit de Noame Susi:
Sven fleetet zur Susi: Du bist die Scheenste de Welt
i(s)ch hoff, du duhst mi(s)ch liebe aach ohne viel Geld.
Drim duhtä ihr eun sieß Kiss(s)che uf`s Meil(s)che dricke
die Zuschauä im Pack duhn klatsche un freidi(s)ch nigge.“
„Net schä(s)cht“, daht Klausi kommendiern.
„Des moan i(s)ch aach“, bestädi(s)chde de Moann koppniggend selwstbewusst,
„wenn i(s)ch de Leit woas Scheenes vodraache
doann is des Hochkuldur, keune Froage.
Die duhn vo Gligg alleweil geriehrt greune
`s is so als däht die Sunn noachts blendend scheune.“
Übersetzung:Unser Chef-Filosof und Dorfdichter, Klausi Vielredner, hatte als passabler Versreimer vielerlei Kontakte mit anderen Dorfdichtern aus Südhessen und Umgebung, was manchmal auch unsere Filosofenrunde in der Kneipe Zum weisen Mondmann fruchtbar bereicherte.
Deshalb wunderte es von uns keinen, dass einmal ein Gast bei uns erschien.
„Ich bin der Martin Weinsüffler“, stellte sich ein Mann mittleren Alters vor, „ich wohne in Pfeddersheim. Das liegt bei Worms, dort bin ich Dorfdichter.
Ja, ihr braucht nicht so überrascht zu gucken, Filosofen, auch in Rheinhessen treiben Dorfdichter ihr Unwesen....nein, ich muss mich korrigieren, beglücken dort mit tiefgründigen Versen die nach Wahrheit dürstende Leute.....rührend und mit Hingabe.“
Keiner musste lachen.
„Ich hab mal eine Frage“, schwätzte Heiner, „sind die Menschen, die in Rheinhessen wohnen auch Hessen?“
Überlegend wiegte Martin seinen Kopf hin und her. „Rheinhessen gehört nicht zum Bundesland Hessen, sondern zu Rheinland-Pfalz. Aber wir reden auch so wie ihr, liebe Leute hier in der Runde. Also, eine andere Rasse sind wir nicht. Anders ist das mit den Pfälzern, also zum Beispiel südlich von uns Rheinhessen, die schwätzen deutlich anders, manchmal erinnert denen ihre Sprache schon etwas an die der Badenser und Schwaben.“
„Und wie ist das mit Essen?“ fragte Ludwig, „gibt es da auch Gemeinsamkeiten mit uns Hessen hier an der Bergstraße?“
Unser Gast nickte. „Natürlich, der Handkäse ist uns nicht fremd.
Junge Rheinland-Pfälzer tun auch gerne Handkäse essen
nicht nur verbiesterte alte Hessen.“
„Wir sind doch nicht verbiestert“,protestierte Klausi etwas beleidigt, „egal ob alt oder jung.“
„Geschenkt“,winkte Martin ab, „wer will darf auch dieses Wort durch störrische oder spießige ersetzen.“
Damit beruhigte er uns nicht und glotzten pikiert.
Der Mann musste das bemerkt haben und wechselte das Thema. „Der Klausi hatte mir mal erzählt, dass im Vogelsberg bereits Nacktflitzertreffen mit Erfolg statt gefunden haben.“
„Ich weiß das auch nur vom Schorschi“, er linste zu mir rüber, „ob das stimmt, kann ich nicht sicher bestätigen.“
„Das ist jetzt auch nicht so wichtig“, winkte der Mann aus Rheinhessen ab, „aber bei uns, einige Kilometer nördlich von Worms auf der linken Rheinseite hatte es bereits solche Treffen, bei denen dieser schöne altdeutsche Brauch gepflegt wurde, gegeben, Das ist einmal pro Jahr, jedes mal werden es mehr Nacktflitzer.
Abermal was anderes in eigener Sache: Ich will euch mal ein Beispiel für meine grandiose Dichtkunst schenken. Mein Bub, der fünfzehnjährige Sven, ergatterte vor einer Woche eine neue Freundin, so eine Blondine mit dem Namen Susi.
Sven flötet zurSusi: Du bist die Schönste der Welt
ich hoff, du hast mich lieb auch ohne viel Geld.
Drum tut er ihr ein süß Küsschen aufs Mäulchen drücken
die Zuschauer im Park tun klatschen und freudig nicken.
(im Hessischen wird der häufige Gebrauch von tun nicht als holprig empfunden)
„Nicht schlecht“, kommentierte Klausi.
„Das meine ich auch“, bestätigte der Mann kopfnickend selbstbewusst,
„wenn ich den Leuten was Schönes vortrage
dann ist das Hochkultur, keine Frage.
Die tun vor Glück immer gerührt weinen
es ist so als würde die Sonne nachts blendend scheinen.“