Absurdität
mit Kurzvideo 63s (nach der Anekdote)
„Also, i(s)ch waaß werkli(s)ch nemmä“, jammerte Heunä uf unsrä Filosoferund, „woarim duh i(s)ch iwähaapt läwe? Weshalb hock i(s)ch hier in de Wertschaft baa ei(s)ch? Fer mi(s)ch hodd alles koan Sinn mä.“
„Awä Heunä“, protestierte Klausi, unsä Schäff-Filosof, „bloß waal deu Fraa ebbes kroank seun, braachsde doch net so duhn, als wär deu Läwe absurd.“
„Absurd! Jawoll“, bestädi(s)chte unsä Koampfdrinkä Heunä, „ des seun hoargenaa des Wort, des meu Läwe beschreiwe duht. Un wennä ähli(s)ch seud.... eiers genaaso.“
„Doa fällt mä woas eu“, daht Klausi antwordde un guckte zu uns annern Filosofe mittäm Zwinkern in seu Aache, um oazudeite jetz woas zu bringe de Heunä aas seunä drauri(s)ch Stimmung raas zu ziehe orrä ihn oabzulenke, „ähn froanzesi(s)ch Schriftstellä hodd moal gesoat de Sissiphus muss mä si(s)ch als gliggli(s)chä Mensch vostelle.“
„Woas seun des fer eun Zaatgenoss un woas hodd`s doamit uf si(s)ch?“ froate Ludwi(s)ch.
Klausi nickte un droank eun Schluck Bier. „Baa de oalde Grieche hodds moal eun Keeni(s)ch gewwe,dä die Geddä väuhzt hodd, so seun jedefalls die Legend. De Moann hieß Sissiphus un musst als Stroaf in de Unnäwelt stänni(s)ch ähn gewaldi(s)che Marmorbrocke miehsoam de Ber(s)ch nuffrolle. Alsä des geschafft hodd, rollte de Felsbrocke wirrä runnä. Des wirräholte si(s)ch daachdächli(s)ch.“
„Devo hebb i(s)ch aach schun geheert“, ägenzte i(s)ch, „in de Schul hämmä sowoas moal geläse.“
„Konnt de gequälte Moann si(s)ch net wei(s)chern sol(s)ch Oabsurdes zu mache?“ froate Babett(s)che.
„Noa,des konntä net“, klärte unsä Schäff-Filosof die Rund uf, „sonst wäräm de große Stoa uf seun Kopp gefalle. Falls doa jemoand woar,dä ihn ufforderte des seun zu losse....zim Baaspiel: Hallo Sissi, loss doch de Felsbrocke leihe un duh mit uns erst moal koarte hoddä viellaacht gesoat....noa, heit net, mor(s)che aach net un nächst Woch aach net.... wennä iwähaapt woas gesoat hädd.“ Deruf konnte vo uns aach keunä woas soage.
„Siehsde Heunä“, daht Klausi wirrä uf Heunä euredde, „de Sissiphus woar vädammt sowoas oastrengendes Oabsurdes zu mache. Du degeje koannst gemietli(s)ch hier deu Bier drinke un tiefgriendi(s)che Gesprä(s)che im Kreis deunä Freinde genieße.“
De Oagesprochene zuckte nur mit Meil(s)che un Schuldern.
„Wieso moante de froanzesi(s)ch Schriftstellä de Sissiphus wor eun gliggli(s)chä Mensch?“ froate i(s)ch.
„So ri(s)chdi(s)ch västoanne hebb i(s)ch des a net“, musst unsä Schäff-Filosof zugewwe, „viellaacht waal de Sissiphus koa Loangwaal hodd, stänni(s)ch mussdä woas schaffe un hodd a koa Zaat er(s)chendwel(s)che Ferz im Hern aaszubriete. Viellaacht awä aach, waalä er(s)chendwoann des sogoar fraawilli(s)ch daht un si(s)ch nix anneres mä vostelle konnt.“
„Hosde västoanne, Heunä?“ froate i(s)ch, daht awä koa Antwordd äwadde, „du seun joa de elsd Filosof vo uns un deu Dochtä duht dämnächst äh kloa Bobbel(s)che krieje.Des is doch schee, doann seun du ähn glickli(s)che Großvaddä.“
„Des moanst du“, äwirrerte unsä Koampfdrinkä, „hodd des iwähaapt ähn positive Sinn, doass i(s)ch Großvaddä werd?“
Steehnend noahm i(s)ch seu Worde zur Kenntnis. Heunä wollt net, doass mä ihm hilft, ä daht si(s)ch liewä im oabgrundtief väschlingende Morast dä Depressione suhle.
Klausi, unsä Doffdi(s)chtä, bastelte noch ähn Vers:
„Heunä wä dähte di(s)ch ar(s)ch vämisse
wenn wä deu Doodesflagg misst hisse.
Unsä Filosoferund wär doann zärisse,
kennte nemmä die Waashaat kisse.“
Übersetzung:„Also, ich weiß wirklich nicht mehr“, jammerte Heiner auf unserer Filosofenrunde, „warum lebe ich überhaupt? Weshalb sitze ich hier in der Wirtschaft (Kneipe)bei euch? Für mich hat alles keinen Sinn mehr.“
„Aber Heiner!“ protestierte Klausi, unser Chef-Filosof, „bloß weil deine Frau etwas krank ist, brauchst du doch nicht so tun als wäre dein Leben absurd.“
„Absurd! Jawoll“, bestätigte unser Kampftrinker Heiner, „das ist haargenau das Wort, welches mein Leben beschreibt. Und wenn ihr ehrlich seid..... eures genauso.“
„Da fällt mir was ein“, antwortete Klausi und guckte zu uns anderen Filosofen mit einem Zwinkern in den Augen, um anzudeuten jetzt was zu bringen den Heiner aus seiner traurigen Stimmung rauszuziehen oder ihn abzulenken, „ein französischer Schriftsteller hatte mal gesagt
den Sissyphos muss man sich als glücklichen Menschen vorstellen.“
„Was ist der für ein Zeitgenosse und was hat`s damit auf sich?“ fragte der Ludwig.
Klausinickte und trank einen Schluck Bier. „Bei den alten Griechen hattees mal einen König gegeben,der die Götter veruhzt (veralbert)hatte, so ist jedenfalls die Legende. Der Mann hieß Sissyphos und musste als Strafe in der Unterwelt ständig einen gewaltigen Marmorbrocken mühsam den Berg hochrollen. Als er das geschafft hatte, rollte der Felsbrocken wieder runter. Dies wiederholte sich tagtäglich.“
„Davon hatte ich auch auch schon gehört“, ergänzte ich, „in der Schule hatten wir mal sowas gelesen.“
„Konnte der gequälte Mann sich nicht weigern sowas Absurdes zu machen?“ fragte Babettchen.
„Nein,dies konnte er nicht“, klärte unser Chef-Filosof die Runde auf, „sonst wäre der große Stein auf den Kopf gefallen. Falls da jemand war, der ihn aufforderte dassein zu lassen.... zum Beispiel:Hallo Sissi, lass doch den Felsbrocken liegen und spiel mit uns erstmal Karten, hatte er Vielleicht gesagt...nein, heute nicht, morgen auch nicht und nächste Woche auch nicht... wenn er überhaupt was gesagt hätte.“
Darauf konnte von uns auch Keiner was sagen.
„Siehst du Heiner“, redete Klausi wieder auf Heiner ein, „der Sissyphos war verdammt sowas anstrengendes, absurdes zu machen. Du dagegen kannst hier gemütlich dein Biertrinken und tiefgründige Gespräche im Kreise deiner Freunde genießen.“
Der Angesprochene zuckte nur mit Mäulchen und Schultern.
„Wieso meinte der französische Schriftsteller der Sissyphos war ein glücklicher Mensch?“ fragte ich.
„So richtig verstanden habe ich das auch nicht“, musste unser Chef-Filosof zugeben, „vielleicht weil der Sissyphos keine Langweile hatte, ständig musste er was arbeiten und hatte auch keine Zeiti rgendwelche Fürze (hier:Unsinn) im Gehirn auszubrüten. Vielleicht aber auch, weil er
irgendwanndas sogar freiwillig machte und sich nichts anderes mehr vorstellen konnte.“
„Hast du verstanden, Heiner?“ fragte ich, erwartete aber keine Antwort,„du bist ja der älteste Filosof von uns und deine Tochter kriegt demnächst ein kleines Baby. Das ist doch schön, dann bist du ein glücklicher Großvater.“
„Das meinst du“, erwiderte unser Kampftrinker, „hat das überhaupt einen positiven Sinn, dass
ich Großvater werde?“
Stöhnend nahm ich seine Worte zur Kenntnis. Heiner wollte nicht, dass man ihm hilft. Er suhlte sich lieber im abgrundtiefen, verschlingenden Morast der Depressionen.
Klausi, unser Dorfdichter, bastelte noch einen Vers:
Heiner, wir würden dich arg vermissen
wenn wir deine Todesflagge müssten hissen.
Unsere Filosofenrunde wäre dann zerrissen
und könnten nicht mehr die Weisheit küssen.