Regentropfen fallen oder ein Unglück kommt selten allein
Oan Herbstwind stermt, Rejedroppe falle
eun Gast kimmt aas de Wertschaft, koann nur noch lalle,
Seu Boa un seu Erm duhn uukondrolliert baumle
seun Kerpä duht nur noch hilflos taumle.
Die Jack hoddä vägesse in de worm Kneip
drim werd seun Kopp nass un aach soan Laib.
Doa bassierts, uf de Blättä duhdä aasrutsche
un koann nur des Wassä vun de Stroß uflutsche.
Viel liewä dähtä noch äh Bier(s)che drinke
un zufriede ämaddet in de Forzkuhl väsinke.
Stattdesse seun Knie un Ellebohe ufgestoße
rot Bluud duht fließe dor(s)ch die grie Hoose.
„Des duht mi(s)ch net äschiddern“, soatä leise
gnoadelos humorvoll, dezu noch weise.
„Des Bluud werd des Rejewassä väschwinne losse
fer Spießä eun Uugligg, fer mi(s)ch äh kloa Posse.“
Dieses Werk hodd uns uf de Filosoferund emoal Klausi Viereddnä als groandijoos Di(s)chtkunst vogestellt un moante, des seun nun werkli(s)ch ne fandasdi(s)ch, hell stroahlend Sternstund deitsch-hessi(s)chä Lirik.
„Des duh i(s)ch iwähaapt net so emfinne“, prodesdierte Heunä Koampfdrinkä, „du host di(s)ch schoamlos lusdi(s)ch gemacht iwä jemoand, dä halt ebbes mä gedrunke hodd als gewehnli(s)ch.“
„Also, nix hosde västonne, Heunä“, äwirrerte Klausi, „im Gejedeil, i(s)ch hebb de Kneipegast als eunen sä weise Zaatgenosse beschriwwe, däm märere Missgeschicke korz hinnäeunnannä malädriern. Unsä Freind in däm Werk duht si(s)ch demiedi(s)ch un trotzdäm zufriede fie(s)che in seun Schicksoal, ohne zu murre. Un so eun Vähoalte is doch werkli(s)ch weise, weisä geht`s nemmä.“
Iwälä(s)chend un zweifelnd wie(s)chte i(s)ch moan Wersching hie un hä.“I(s)ch glaab, de Heunä hodd net vollkomme uurä(s)cht“, daht i(s)ch euwenne, „un doann des Bild mit däm rood Bluud, des dor(s)ch seu grie Hoos fließe soll. Rood un grie seun eune fer(s)chdäli(s)che Fabbkombinazjoon. Viel bessä däht`s haaße rood Bluud duht fließe dor(s)ch die gäl Hoos.“
„Also, Hä Schor(s)chi Schnabbelschnut“, moddste Klausi beleidi(s)cht, „anstatt mi(s)ch ufmundernd un äbauend zu lobe, duhsde mi(s)ch alleweil nur bleedsinni(s)ch kridisiern, Des seun werkli(s)ch nemmä schee.“
Übersetzung:
Ein Herbstwind stürmt, Regentropfen fallen
ein Gast kommt aus der Wirtschaft, kann nur noch lallen.
Seine Beine und Arme tun unkontrolliert baumeln
sein Körper tut nur noch hilflos taumeln.
Die Jacke hatte er vergessen in der warmen Kneip(e)
drum wird sein Kopf nass und auch sein Laib.
Da passiert`s, auf den Blättern tut er ausrutschen
und kann nur das Wasser von der Straße auflutschen.
Viel lieber würde er noch ein Bierchen trinken
und zufrieden ermattet in die Furzkuhle versinken. (Furzkuhle=Bett)
Stattdessen sind Knie und Ellenbogen aufgestoßen
rot Blut fließt durch die grüne Hose.
„Das erschüttert mich nicht“, sagt er leise
gnadenlos humorvoll, dazu noch weise.
Das Blut wird das Regenwasser verschwinden lassen
für Spießer ein Unglück, für mich ne kleine Posse.
Dieses Werk hatte uns auf der Filosofenrunde einmal Klausi Vielredner als grandiose Dichtkunst vorgestellt und meinte, das sei nun wirklich eine phantastisch hell strahlende Sternstunde deutsch-hessischer Lyrik.
„Das empfinde ich überhaupt nicht so“, protestierte Heiner Kampftrinker, „du hast dich schamlos lustig gemacht über jemand, der halt etwas mehr getrunken hatte als gewöhnlich.“
„Also, nichts hast du verstanden, Heiner“, erwiderte Klausi, „im Gegenteil, ich habe den Kneipengast als einen sehr weisen Zeitgenossen beschrieben, dem mehrere Missgeschicke kurz hintereinander malätrieren. Unser Freund in dem Werk fügt sich demütig und trotzdem zufrieden in sein Schicksal, ohne zu murren. Und so ein Verhalten ist doch wirklich weise, weiser geht`s nicht mehr.“
Überlegend und zweifelnd wiegte ich meinen Kopf hin und her. „Ich glaub, der Heiner hat nicht vollkommen unrecht“, wandt ich ein, „und dann das Bild mit dem roten Blut, das durch die grüne Hose sickern soll. Rot und grün ist eine fürchterliche Farbkombination. Viel besser würde es heißen rotes Blut fließt durch die gelbe Hose.“
„Also, Herr Schorschi Schnabbelschnut“, motzte Klausi beleidigt, „anstatt mich aufmunternt und erbauend zu loben, tust du mich immer nur blödsinnig kritisieren. Das ist wirklich nicht mehr schön.“