Hessischer Dialekt,  Einzahl und Mehrzahl
      weiter unten noch:  Hessischer Dialekt, immer kürzer als hochdeutsch?
      Da die beiden Anekdoten zusammen gehören, sind die hessischen

      Versionen direkt hintereinander, die hochdeutschen Übersetzungen

      dann ebenfalls


„De Hessisch Dialekt hodd gejeiwwä däm hochdeitsche so euni(s)che Besunnähaate“, babbelte i(s)ch uf de Filosooferund in de Kneip  Zim weise Mondmoann, „zim Baaschpiel des mit Euzoahl un Mäzoal.“
„Woas moansde demit, Hä Schor(s)chi Schnabbelschnut ?“ froate Klausi, unsä Schäff-Filosof un Dorffdi(s)chtä.
„I(s)ch will dä moal  eun poar Baaschpiele ufzähle“, nickte i(s)ch, „im Hocheitsche isses joa so, doass doa kaam Väennerunge zu heern seun. Die Vokoale im Middedaal vum Wordd ännern si(s)ch nur geringfiegi(s)ch orrä goar net un maastens kimmt noch ähn zusäddsli(s)chä Endlaut.
Not, als Eunzoahl, un Nöte als Mäzoahl. Orrä Schtein un Schteine, orrä  Furz un Fürze.

Ganz annersdä isses doa baam Hessi(s)ch Dialekt.   Aas Maus wern Meis, aas Trump Trimp un aas Baam Beem, orrä Schtoa Schteu un Haas Heisä.“
„Hosde aach schun Gedoanke gedähdi(s)cht, woarim des so is?“ froate Lena.
„Hebb i(s)ch beraats“, daht i(s)ch bejahe, „die Endlaute fehle baa uns maastens, net nur in de Hauptwerddä, sogoar in de Dähdi(s)chkaatswerddä, annern Leit soage aach Verbe dezu.
              Waal die Filosofe ar(s)ch begriffs..schduddzi(s)ch aas de Wäsch gloddse daht, daht i(s)ch forddfaan: „Wä laafe in die schee Wällä. Ähn Aaswerdi(s)chä, wie eun Balinä orrä Hoambor(s)chä , wenn ä de Hessisch Dialekt erst lernne däht, däht  viellaa(s)cht babble:  Wä laafen in die scheene Wällär.  Jedds seun doa Endlaute drin, awä ihr duht mä wohl zuschtimme, des heert si(s)ch fer de Hessi(s)ch Dialekt doch rei(s)chli(s)ch oabaddi(s)ch oa.“
„Un? Woas hodd des mit Eunzoahl un Mäzoahl zu duhn?“

„Nur waal die Endlaute fehle, wolle mä doch wisse, ob es si(s)ch um Eunzoahl orrä Mäzoahl hoandle duht. Desweje duhn si(s)ch die Vokoale un Doppelvokoale schtack väennern.
Wenn eunä orrä eune baam Koarte oadeite will, doass in de ei(s)chne Hoand nur eun Trump hodd, soatä Trump, baa märere halt Trimp. So wisse die Mitschpielä sofordd beschaad. Des is doch wohl wi(s)chdi(s)ch, gell?
Un wenn de Luwig hier“, i(s)ch daht uffen deite, „aas seunäm Bobbesloch schtinki(s)che Goase väschießt, isses uns aach werkli(s)ch net glei(s)chgildi(s)ch, obä soat Forz orrä Ferz.
Is doch wohl kloar, eusi(s)chdi(s)ch un vänienfdi(s)ch, gell?“
„Baa denne Baaschpiele, die wo de uns väklickert host, isses so“, eißerte si(s)ch jedds Klausi,
„ob des allädings alleweil so is, wisse mä net. Des misste mä ei(s)chentli(s)ch noch nähä unnäsuche, ob des dahtsä(s)chli(s)ch aach heifi(s)ch is un werkli(s)ch wi(s)chdi(s)che Vodeile bringe duht.
Orrä isses so:



Oagäbli(s)che Vodeile duhn mä hochschdilisiern,
um se doann noch mit hee(s)chä Vänunft vädsiern.“


Hessischer Dialekt, immer kürzer als hochdeutsch?

„De Hessische Dialekt is alleweil kerzä als des hochdeitsch“, moante Ludwig.
„Maastens schun“ daht Klausi zugewwe un droank erst moal eun kräfdi(s)che Schluck aasäm Biergloas. Ä woar net nur unsä Scheff-Filosoof un Dorffdi(s)chtä, sunnern aach unsä Schproachäkspert.
„Awä, doa duht mä eufalle, zwaa Aasnoahme duhts doch gewwe“, babbelte ä doann waatä,
„wä benuddse ar(s)ch heifi(s)ch die Wertä duhn, dahte unsowaatä. Mä soage net ich forz, sunnern i(s)ch duh forze, orrä ähn fiesä Reibä befiehlt net  Hände hoch orrä i(s)ch schieß, sunnern   Hände hoch orrä i(s)ch duh schieße.   In sol(s)che Fälle is de Hessisch Dialekt eudadi(s)ch ebbes längä“.
„Woarim duhn mä des so heifi(s)ch babble?“ froate Lena.

„So genaa waaß i(s)ch des net“, zuckte Klausi mit Schuldern un Mundwinkel, „vielaa(s)cht um eune Dähdi(s)chkaat besunners zu betoone. Wenn i(s)ch also annern Leit mitdeile  i(s)ch duh jedds eun Gloas Bier drinke, doaan is velli(s)ch kloar, i(s)ch werd ufs Bierdrinke uf keunäm Fall druf väzi(s)chte.“
„Werkli(s)ch, oabsolut eulei(s)chtend“, lobte i(s)ch, „un woas is die zwaat Aasnoahm, baa dä wo unsä Gebabbel ebbes längä is?“
„Des hosde groad ebbe oagewoandt, Schor(s)chi“, oantworddete Klausi, „des Werd(s)che wo duhn mä in Relladivivsädds heifi(s)ch benuddse, obwohl des in denne Fälle eigentli(s)ch iwäflissi(s)ch is un aach ewwesogut druf väzi(s)chte kennte.“
„Woarim babble mä des denn, wenns doch iwäflissi(s)ch is?“
„I(s)ch nemm oa, doass moal in friehere Zaate er(s)chendwel(s)che schproachli(s)che Snobs des eugefiehrt häm. Se wollte womeegli(s)ch zei(s)che  Mä duhn de Hessi(s)ch Dialekt net nur väschtehn, mä kenne ihn aach oawenne un besunners misse noch äwähne wä wisse woas Relladivsädds seun, des gewehnli(s)ch Volk, zu däm mä uns net zähle, koann des oft net, wä awä alleweil.
Awä wie des baa Snobs oft is, se dahte si(s)ch totoal selwst iwäschäddse, des gewehnli(s)ch Volk konnte des doch un hodd doann aach des Werd(s)che wo ri(s)chdi(s)ch oagewendet.

So oan eugebildetä Faddske soate zim Baaschpiel:  I(s)ch bin net arrogoant, i(s)ch bin halt nur schlauä als die annern un waaß die deitsch un hessi(s)ch Gramaddik ri(s)chdi(s)ch zu nuddse.“
„Moansde werkli(s)ch, Klausi, des duht schtimme, woas doa moanst?“ froate i(s)ch.
„I(s)ch bin mä net hunnerdbrdsendi(s)ch si(s)chä. I(s)ch waaß aach net ob die baade Aasnoahme nur Vodeile bringe.



Oagäbli(s)che Vodeile wern vogegaukelt.
Wern wä doa nur ebbes väschaukelt?“


Übersetzung:  (Einzahl und Mehrzahl)
„Der Hessische Dialekt hat gegenüber dem Hochdeutschen so einige Besonderheiten“, schwätzte ich bei der Filosofenrunden in der Kneipe Zum weisen Mondmann, „zum Beispiel das mit Einzahl und Mehrzahl.“
„Was meinst du damit, Herr Schorschi Schnabbelsachnut?“ fragte Klausi, unser Chef-Filosof und Dorfdichter.
„Ich will dir mal  ein paar Beispiele aufzählen“, nickte ich, „im Hochdeutschen ist es ja so, dass da kaum Veränderungen zu hören sind. Die Vokale im Mittelteil vom Wort ändern sich nur geringfügig oder gar nicht und meistens kommt noch ein zusätzlicher Endlaut.
Not, als Einzahl, und Nöte als Mehrzahl. Oder Stein und Steine, oder Furz und Fürze.
Ganz anders ist es da beim Hessischen Dialekt.  Aus Maus wird Meis (Mäuse), aus Trump Trimp (Trümpfe) und aus Baam (Baum) Beem (Bäume), oder Schtoa (Stein) Schteu (Schteune) und Haas (Haus) Heisä.“

„Hast du dir auch schon Gedanken gemacht, warum das so ist?“ fragte Lena.
„Hab ich bereits“, bejahte ich, „die Endlaute fehlen bei uns meistens, nicht nur in den Hauptwörtern, sogar in den Tätigkeitswörtern, andere Leute sagen auch Verben dazu.“
Weil die Filosofen ziemlich begriffsstutzig aus der Wäsche glotzten, fuhr ich fort: „Ich beschreibe das mal etwas konkreter: Wir laufen in die schönen Wälder (wä laafe in die schee
Wällä)). Ein Auswärtiger, wie ein Berliner oder Hamburger, falls er den Hessischen Dialekt erst lernt, würde vielleicht babbeln:  Wä laafen in die scheene Wällär. (Wir lgehen in die schönen Wälder). Jetzt sind da Endlaute drin, aber ihr stimmt mir wohl zu, dies hört sich für den Hessischen Dialekt doch reichlich abartig an.“
„Und? Was hat das mit Einzahl und Mehrzahl zu tun?“
„Nur weil die Endlaute fehlen, wollen wir doch wissen, ob es sich um Einzahl oder Mehrzahl handelt. Deswegen verändern sich die Vokale und Doppelvokale stark.
Wenn einer oder eine beim Karten spielen andeuten will, dass in der eigenen Hand nur einen
Trumpf  (Trump) hat, sagt er Trump, bei mehreren eben Trimp (Trimp). So wissen die Mitspieler sofort bescheid. Das ist doch wohl wichtig, gell?

Und wenn der Ludwig hier“, ich deutete auf ihn, „aus seinem Hinterloch stinkige Gase verschießt, ist es uns auch wirklich nicht gleichgültig, ob er sagt Forz (Furz) oder Ferz (Fürze).  Ist doch wohl klar, einsichtig und vernünftig, gell?“
„Bei diesen  Beispielen, die du uns erklärt hast, ist es so“; äußerte sich jetzt Klausi, „ob das allerdings immer so ist, wissen wir nicht. Das müsste man eigentlich noch näher untersuchen, ob das tatsächlich auch häufig ist und wirklich wichtige Vorteile bringt.
Oder es ist so:

Angebliche Vorteile tun wir hochstilisieren
um sie dann (noch) mit höherer Vernunft verzieren
.“



Übersetzug:  (immer kürzer als hochdeutsch?)
„Der Hessische Dialekt ist immer kürzer als das Hochdeutsche“, meinte Ludwig.
„Meistens schon“, gab Klausi zu und trank erst mal einen kräftigen Schluck aus dem Bierglas. Er war nicht nur unser Chef-Filosof und Dorfdichter, sondern auch unser Sprach-
experte.
„Aber, da fällt mir ein, zwei Ausnahmen gibt es doch“, schwätzte er dann weiter, „wir benutzen sehr häufig die Wörter tun, taten undsoweiter. Wir sagen nicht ich furze, sondern ich tu furzen, oder ein fieser Räuber befiehlt nicht   Hände hoch oder ich schieße, sondern  Hände hoch oder ich tu schießen. In solchen Fällen ist der Hessische Dialekt eindeutig etwas länger.“
„Warum reden wir häufig so?“ fragte Lena.
„So genau weiß ich das nicht“, zuckte Klausi mit Schultern und Mundwinkel, „vielleicht um eine Tätigkeit besonders zu betonen. Wenn ich anderen Leuten mitteile, ich tu jetzt ein Glas Bier trinken, dann ist völlig klar, ich werde aufs Biertrinken auf keinen Fall verzichten.“
„Wirklich, absolut einleuchtend“, lobte ich, „und was ist die zweite Ausnahme, bei der unser Gerede etwas länger ist?“

„Das hast du gerade eben angewandt, Schorschi“, antwortete Klausi, „das Wörtchen wo benutzen wir häufig in Relativsätzen, obwohl das in denen Fällen eigentlich überflüssig ist und auch ebensogut drauf verzichten könnten.“
„Warum sagen wir es denn, wenn es doch überflüssifg ist?“
„Ich nehme an, dass mal in früheren Zeiten irgendwelche sprachliche Snobs das einführten. Sie wollten womöglich zeigen   Wir verstehen nicht nur den Hessischen Dialekt, wir können ihn auch anwenden und besonders noch erwähnen was Relativsätze sind, das gewöhnliche Volk, zu dem wir uns nicht zählen, kann das oft nicht, wir aber immer.
Aber wie bei Snobs oft ist, sie überschätzten sich selbst total, das gewöhnliche Volk konnte das doch und dann auch das Wörtchen  wo  richtig zu nutzen.“
„Meinst du wirklich, Klausi, das stimmt, was du meinst?“ fragte ich.
„Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher. Ich weiß auch nicht ob die beiden Ausnahmen nur Vorteile bringen.
Angebliche Vorteile werden vogegaukelt.
Werden wir da nur etwas verschaukelt?“