Blödelhessis und Besserwessis   (mit Video 1m26s)


Im leddste Herbst daht i(s)ch wirrä moal baa eunä Äkskursjoon dän oalde Nadurschiddsä  Maddin Woaldfreind dreffe.
„Wä hobbe uns schun loang nemmä gesehe, Maddin“, begrießte i(s)ch dän Moann, „si(s)chä hosde wirrä viel Neies zu beri(s)chte, gell?“
„Moansde des werkli(s)ch ernst, Schor(s)chi? Aach du koannst beschtimmt so euni(s)ches vun deum ufrä(s)chend Läwe beri(s)chte.  I(s)ch hebb geheert, du häst baam Scheiße moal eun Schwindeloafall äleide misse un wärst vun de Klobrill runnä gefalle.“
„Wä duht denn nur so eun Bleedsinn vun si(s)ch gewwe. Des schtimmt iwähaapt net.
Awämoal woas Anneres.Hosde im Summä   Urlaab gedähdi(s)cht  un hosde ne Woanderung unnänumme?“
„Ri(s)chdi(s)ch, des hebb i(s)ch“, nickte Maddin, „uf Kempingbläddse daht i(s)ch iwänoachte un bin viel rim gelaafe,  awä aach mit Busse un Zieg rim gefoahrn.
Woas i(s)ch doa Alles so in Mecklebor(s)ch-Vopommern genieße dorffte, also woas fer Loandschafte, Diern un Ploanse gesehe hebb, will i(s)ch dä äschpoarn. I(s)ch moan, des muss mä selwä päseenli(s)ch gucke.“

„Schtimmt“, daht i(s)chen beschdähdi(s)che, „des is hoalt so.“
„Awä eune Sach will i(s)ch dä doch väzähle, die wo i(s)ch uf eunäm Kempingbladds älewt hebb.
I(s)ch seun doa uffen Bladds rim getigert un hebb, ebbes oabsaats, eun grooßes Zelt endeckt, des wo wohl fer minnest zwoansi(s)ch Leit äri(s)chtet worn is. S` daht aas.sehe wie eun grooß Tippi un in de Midde, oan de Schpidds, woar eune Foahn oagebracht, s` woar die oalde deitsch Rei(s)chsflagg in de Fabbe schwadds, waaß, rood.
Eun poar Leit hockte devo. S`woarn daalwaas Juugendli(s)che, Mäd(s)chä, Buhwe, awä aach Äwoaksene.
Zwaa vun denne hockte awä net oam Disch, sunnern liefe doa rim un guckte schtänni(s)ch uffen Boode un soammelte Schteck(s)chä eu, vämutli(s)ch fer Brennholz.
„Wieso hebbdä die oald deitsch Foahn iwä eierm grooße Zelt? Sol(s)che Zaate seun doch schun längst vobaa. Fiehldä ei(s)ch doann als besunnere Edelpatrijoode?“
„Jawoll, des hosde ri(s)chdi(s)ch gesoat, oaldä Moann orrä Hä“, daht de Eune oantwordde, „mä seun e(s)chte, woahrhafdi(s)che Edelpatrijoode, denn wä liewe unsä Deitschloand.“
„Woas? Woarn des etwoa Hesse un häm hessi(s)ch gebabbelt?“ froate i(s)ch.
„Noa, die koame wohl aas diesä Gejend. I(s)ch babbel jedds hoalt nur hessi(s)ch, waal des fer mi(s)ch oafachä is.
I(s)ch froate die doann: Wie duht si(s)ch doann eire Lieb zu Deitschloand bemerkbaa mache?



Duhtä alleweil baam Pisse
die oald deitsch Flagg hisse?

Also, duhtä mit de eune Hoand eiä Gemä(s)cht hoalde un mit de annä Hoand so eun enschpre(s)chend kloa Fähn(s)che schwenke?“
„Noa, des mache wä net“, behaaptete zuerst de junge Moann, „noa joa, zugegewwe, mit de heiti(s)ch offiddsjelle deitsch Flagg in de Fabbe schwadds, rood, gold hebb i(s)ch des un aach schun annern vun uns gedähdi(s)cht.“
„Wieso net mit de oald Flagg?“ wollt i(s)ch wisse.
„Djoa, des is so“, babbelte de junge Moann, „unsä Fiehrä...äh...Gruppeleitä hodd zu uns gesoat, s` duht debaa zu oft vokimme, doass de Pipischtroahl mitunnä des Fähn(s)che eunässt un des wär doch fer die oald deitsch Foahn eißerst uuwerddi(s)ch, baa de neie, also dä schwadds-rood-gäle, wär des net so schlimm.“
Eunä vun de Leit, die wo oam Disch hockte, hodd mitgekriggt, doass zwaa Juugendli(s)che si(s)ch mit mä unnähoalte häm. Eun Moann, koan Juugendli(s)chä mä, schun äwoakse, vielaa(s)cht sogoar beraats fuffsi(s)ch, ähoob si(s)ch un koam zu uns drei.
„S` hodd koan Zweck un Sinn, doassä , Jergi un Tobi, mit däm uroalde Moann  babbelt“, moante diesä, „mit däm hebb i(s)ch schun gestern oawend kordds geredd. Ä is totoal roodgrie väsifft, aaßädäm noch dezu eun Bleedelhessi un eun Bessäwessi.“
„I(s)ch bin doch koan Bleedelhessi“, äwirrerte i(s)ch entristet, „in Deitschloands duhts hoalt unnäschiedli(s)che Dialekte gewwe un Hessi(s)ch is oanä devun. S´ duht koan vänienfdi(s)che Grund gewwe, si(s)ch deriwwä lusdi(s)ch zu mache. Un die Ufdaalung in Bessäwessis un Jammäossis is ewwefalls werkli(s)ch net hilfrei(s)ch fer eune vänienfdi(s)ch Väschtänni(s)chung. Joa, selwst die Hochjubelei des Deitschtums duh i(s)ch als seldsoam un bleedsinni(s)ch emfinne. Si(s)chä, s´ duht schun baa moan(s)che Oagelä(s)chehaate Unnäschiede, mä orrä wäni(s)chä, gewwe; awä desweje seun mä net bessä, net edlä un net grooßaddi(s)chä als annnern Velkäschafte.“

Seehäm                                                                      Juräm

„Des hosde vullkumme ri(s)chdi(s)ch gesoat, Maddin“, loobte i(s)ch, „joa, joa mit däm Patrijoodismus...des is schun schlimm. Aach de Lokoalpatrijoodismus feiert viel zu oft doch rä(s)cht ei(s)chaddi(s)che Drijumfe, zim Baaschpiel baa de Derffä Seehäm un Juräm.



Die Idjoode vum Noachbaadorff seun genaaso Deppe wie wir
s` is werkli(s)ch egoal, drinke mä noch eun kiehles Bier
.“

     Hintergrundmusik: Deutsche Nationalhymne        und

                                Alla Till Mig -Ansia Orchestra (NCM)


Übersetzung: Im letzten Herbst traf ich wieder einmal bei einer Exkursion den alten Naturschützer Martin Waldfreund.
„Schon lange haben wir uns nicht mehr gesehen, Martin“, begrüßte ich den Mann, „sicher hast du wieder viel Neues zu berichten, gell?“
„Meinst du das wirklich ernst, Schorschi? Auch du kannst bestimmt so einiges von deinem aufregenden Leben berichten. Ich hab gehört, du hättest beim Scheißen mal einen Schwindelanfall erleiden müssen und wärst von der Klobrille runter gefallen.“
„Wer tut denn nur so einen Blödsinn von sich geben. Das stimmt überhaupt nicht.
Aber mal was Anderes. Hast du im Sommer Urlaub gemacht und hast du eine Wanderung unternommen?“
„Richtig, das hab ich“, nickte Martin, „auf Campingplätzen übernachtete ich, aber auch mit Bussen und Zügen rum gefahren.
Was ich da Alles so in Mecklenburg-Vorpommern genießen durfte, also was für Landschaften, Tiere und Pflanzen gesehen habe, will ich dir ersparen. Ich meine, dies muss man selber persönlich gucken.“

„Stimmt“, bestätigte ich, „das ist halt so.“
„Aber eine Sache will ich dir doch erzählen, die ich auf einem Campingplatz erlebt hatte.
Ich bin auf dem Platz rum getigert und habe etwas abseits, ein großes Zelt entdeckt, das wohl für mindestens 20 Leute errichtet worden ist. Es sah aus wie ein großes Tipi und in der Mitte, an der Spitze war eine Fahne angebracht, es war die alte, deutsche Reichsflagge in den Farben schwarz, weiß, rot
Ein paar Leute hockten davor. Es waren teilweise Jugendliche, Mädchen, Buben, aber auch Erwachsene.
Zwei von denen saßen aber nicht am Tisch, sondern liefen rum und guckten ständig auf den Boden, sie sammelten Stöckchen ein, vermutlich für Brennholz.
„Wieso habt ihr die alte, deutsche Fahne über eurem großen Zelt? Solche Zeiten sind doch schon längst vorbei. Fühlt ihr euch dann als besondere Edelpatrioten?“
„Jawoll, das hast du richtig gesagt, alter Mann oder Herr“, antwortete der eine, „wir sind echte, wahrhaftige Edelpatrioten, denn wir lieben unser Deutschland.“
„Was? Waren die etwa Hessen und schwätzten hessisch?“ fragte ich.
„Nein die kamen wohl aus dieser Gegend. Ich babbel jetzt halt nur hessisch, weil das für mich einfacher ist.
Ich fragte die dann: Wie macht sich denn eure Liebe zu Deutschland bemerkbar?, redete aber gleich weiter
Tut ihr immer beim Pissen
die altdeutsche Flagge hissen?

Also, haltet ihr mit der einen Hand euer Gemächt und schwenkt mit der anderen Hand so ein entsprechendes kleines Fähnchen?“
„Nein, das machen wir nicht“, behauptete zuerst der junge Mann, „na ja, zugegeben, mit der heutigen, offiziellen Flagge in den Farben schwarz, rot, gold hab ich das und auch schon andere von uns das gemacht“.
„Wieso nicht mit der alten Flagge?“ wollte ich wissen.
„Dja, das ist so“, schwätzte der junge Mann, „unser Führer..äh..Gruppenleiter sagte zu uns, es kommt dabei zu oft vor, dass der Pipistrahl mitunter das Fähnchen einnässt und das wäre doch für die alte deutsche Fahne äußerst unwürdig, bei der neuen, also der schwarz-rot-gelben, wäre dies nicht so schlimm.“
Einer von den Leuten, die am Tisch saßen, hatte mitgekriegt, dass zwei Jugendliche sich mit mir unterhielten. Ein Mann, kein Jugendlicher mehr, schon erwachsen, vielleicht sogar bereits fünfzig, erhob sich und kam zu uns drei.
„Es hat keinen Zweck und Sinn, dass ihr, Jörgi und Tobi, mit dem uralten Mann redet“, meinte dieser, „mit dem hab ich schon gestern abend kurz geredet. Er ist total rotgrün versifft, außerdem ist er ein Blödelhessi und ein Besserwessi.“
„Ich bin doch kein Blödelhessi“, erwiderte ich entrüstet, „in Deutschland gibt es halt unterschiedliche Dialekte und Hessisch ist einer davon. Es gibt keinen vernünftigen Grund sich darüber lustig zu machen. Und die Aufteilung in Besserwessis und Jammerossis ist ebenfalls wirklich nicht hilfreich für eine vernünftige Verständigung. Ja, selbst die Hochjubelei des Deutschtums empfinde ich als seltsam und blödsinnig. Sicher, bei manchen Angelegenheiten gibt es schon Unterschiede, mehr oder weniger; aber deswegen sind wir nicht besser, nicht edler und nicht großartiger als andere Völkerschaften.“

Seeheim                                                                      Jugenheim

„Das hast du vollkommen richtig gesagt, Martin, lobte ich, „ja,ja, mit dem Patriotismus.... das ist schlimm. Auch der Lokalpatriotismus feiert viel zu oft doch recht eigenartige Triumpfe, zum Beispiel bei den Dörfern Seeheim und Jugenheim.
Die Idioten vom Nachbardorf sind genauso Deppen wie wir
es ist wirklich egal, trinken wir noch ein kühles Bier
.“