Mariechen will keine Bubenfarben
Marie(s)che daht neie Schuh beneedi(s)che.
Im Kinnägadde hodds moal ähn kloane Flohmackt gewwe un doa hodd i(s)ch eun poar scheene, braune ägaddert. Se woarn vämutli(s)ch noch nie gedraache worn, also so gut wie nei.
„Marie(s)che, i(s)ch hebb hier wel(s)che“, soate i(s)ch zurä, „die seun sogoar in deunä Greeß.“
Des Kinn inschpizierte skepdi(s)ch des Gezei(s)chte.
„Die will i(s)ch net“, väkindete des Mäd(s)che, „des seun Buhweschuh. Die Fabb duht mä net gefalle.
Genaaso wäni(s)ch wie die Hoos, die wo du mä gestern oageboote host. I(s)ch will nur Klamodde mit Mäd(s)chäfabbe.“
Wenn Marie(s)che schun reume kennt, däht`s vämutli(s)ch Folgendes soage:
Buhwefabbe seun blau, braun un schwadds
se äinnern oan Scheiß, oannäm babbi(s)ch Wadds.
Uf nä schee Blummewiss seun die oam falsche Ordd
un misse deshalb runnä devun, sofordd.
Mäd(s)chäfabbe seun lila, pink un rood
des äinnert oan Blummebeet un Schmeddälinge
aach oan grazil Elfe im schwebend Boot
die wolle schee singe un annern Dinge
net wuhle im Dreck, im schtinki(s)che Koot.
Kerzä aasgedrickt kennt mä aach reume
emansipiert Fraue un Männä dähte greune
Buhwe seun dunkle babbi(s)ch Wädds
Mäd(s)ch(s)chä degeje hell stroahlend Schädds.
Des däht fast alles ihre Meunung wirrägewwe, nur des mit de emansipiert Fraue un Männä net. Vun uns Eldern hodd se diese Ufassung net, aach Lisett(s)che foand un find die Unnäscheidung zwische Buhwe-
un Mäd(s)chäfabbe bleedsinni(s)ch un grässli(s)ch.
Buhwe un Mäd(s)chä solle alles droaage
un net Äwoaksne noach ihr Meunung froage,
Mäd(s)chä aach moal braun Schuh, äh schwadds Jack
Buhwe äh bunn Summäkleid orrä ähn Rock
krieje aach die Spießä deribbä ähn Schock.
Mäd(s)chä sollte dädi(s)che ähn doll Asdronaudespiel
Buhwe Bubbe soammle un greune mit Gefiehl.
Übersetzung: Mariechen benötigte neue Schuhe.
Im Kindergarten hatte es mal einen kleinen Flohmarkt gegeben und dort ergatterte ich ein paar schöne braune. Sie waren vermutlich noch nie getragen worden, also so gut wie neu.
„Mariechen, ich hab hier welche“; sagte ich zu ihr, „die sind sogar in deiner Größe.“
Das Kind inspizierte skeptisch das Gezeigte.
„Die will ich nicht“, verkündete das Mädchen, „das sind Jungenschuhe. Die Farbe gefällt mir nicht Genau so wenig wie die Hose, die du mir gestern angeboten hast. Ich will nur Klamotten mit Mädchenfarben.“
Wenn Mariechen schon reimen könnte, würde es vermutlich Folgendes sagen:
Bubenfarben sind blau, braun und schwarz,
sie erinnern an Scheiß(e), an einem dreckig Watz. (Schmutzfink)
Auf einer schönen Blumenwiese sind die am falschen Ort
und müssen deshalb runter davon, sofort.
Mädchenfarben sind lila, pink und rot
das erinnert an Blumenbeete und Schmetterlinge
auch an grazile Elfen im schwebend Boot.
Die wollen schön singen und andere Dinge
nicht wühlen im Dreck, im stinkig Kot.
Kürzer ausgedrückt können wir auch reimenemanzipierte Frauen und Frauen würden weinen
Buben sind dunkle, verschmierte Wätze (Schmutzfinken)
Mädchen dagegen hell strahlende Schätze.
Dies würde fast alles ihre Meinung wiedergeben, nur das mit den emanzipierten Frauen und Männern nicht. Von uns Eltern hat es diese Auffassung nicht, auch Lisettchen fand und findet die Unterscheidung zwischen Jungen- und Mädchenfarben blödsinnig und grässlich.
Buben und Mädchen sollten alles tragen
und nicht die Erwachsenen nach ihrer Meinung fragen,
Mädchen auch mal braune Schuhe, eine schwarze Jack(e)
Buben ein bunt Sommerkleid oder ein Rock
kriegen auch die Spießer darüber ein Schock.
Mädchen sollte vergnügen ein tolles Astronautenspiel
Buben Puppen sammeln und weinen mit Gefühl.