Existenz, erklärt am Beispiel Kneipenbier
„Uf de letzt Filosoferund hämmä geklärt woasses uf si(s)ch hodd mit Urknall, Implosion un die schtänni(s)che Wirräholunge devun“,äeffnete i(s)ch unsä we(s)chentli(s)ch Kneipedreffe, oan däm wä geweehnli(s)ch, maastens jedenfalls, alle wi(s)chdige Froage de Menschhaat tiefgrindi(s)ch belei(s)chtete mit Hilf mä orrrä wäni(s)chä alkoholische Gedränke.
„Mit meunäm scheniebegnoadete Kreativhern hebb i(s)ch des Baaspiel Kneipebier aach fer die Froage dä Existenz allgemeun in Gedoanke dor(s)ch gespielt“, babbelte i(s)ch waatä, in Äwaddung,doass die annern vier Filosofe mit hochneigieri(s)chä Freid oan meu Lippe hänge. Awä Heunä un Ludwi(s)ch dahte gähne, Babett(s)che glotzte bleed zim Wert, däm oan Biergloas umfiel un selwst Klausi, unsä Schäff-Filosof, schtadde stumpsinni(s)ch uf die Dischplatt,oanstatt begaastert uf meune Aasfiehrunge zu wadde.
„Bin i(s)ch hier uf nä driebsinni(s)ch Beerdigungs-väsoammlung vun oalderndä Seifä orrä seun mä eune oaspruchsvolle Filosoferund?“ groantelte ich äzirnt un ebbes beleidi(s)cht. „Jetz heert mä endli(s)ch zu! Ebbes Ufmerksamkaat kennt mä schun gewwe, liewe Leit.“
„Duhn mä ihn den Gefalle“, lenkte Klausi eu, „lausche mä, woas unsä siedhessischä Filosof, Hä Schor(s)chi Schnabbelschnut, zu soage hodd,woas die Menschhaat schun immä wisse wollt.“
Aas däm Tonfall konnt i(s)ch net so ri(s)chdisch schließe, obä des ironisch orrä ernsthaft meunte.
„Also,Filosofe, des seuns so“, begoann i(s)ch zu doziern, „Existenz bedeit fer mi(s)ch des Gejedaal vun Nix. Hier steht oan leeres Biergloas, des is des Nix. Un doa oan Volles, des is Existenz.“
„Heert,heert!“ froddselte Klausi, „sensaddsjonell, werkli(s)ch.“
„Väuhze braachsde mi(s)ch net, Klausi,“ kridisierte i(s)ch seu bleed Bemerkung, „waaßde aach aas wel(s)che Deile die Existenz bestehe duht?“
Deruf wusste de Läsderer nix zu oantwordde, blieb stumm, konnte noch nettemoal grinse.
„Die Existenz duht aas vier Kombonente bestehe“, väklärte i(s)ch,„moanchmoal sogoar aas säks.“
„Un die wärn?“ froate Heunä.
„Die vier Grundkombonente seun: Raam, Zaat, Energie un Moaderje. Hier,betroachte mä des volle Biergloas. Raam bedeit des Fassungsvämeege vun däm Gloas, Zaat haaßt, wie loang des Bier doa drin is, also bismä des gedrunke hobbe. Energie kenne mä deite als de Nährmiddelwert vun däm Bier un Maderje des Bier halt oan si(s)ch.“
„Du hosd vo säks Daale gebabbelt.Woas seun die restli(s)che zwaa?“froate Klausi.
„Naja, des Modell volles Biegloas ei(s)chnet si(s)ch net so gut die väbliwwene zwaa Daale eunä meegli(s)chen Existenz zu väklärn. De Finfte Daal is Läwen un de säkste Bewusstseun.“
„Doa muss i(s)ch awä energisch wirräspre(s)che“, teente unsä Wert,Mosjö Mondmoann, hinnä de Thek, „im Bier steckt Alkohol un des bedeit zwaafelsohn Läwe un zwa Läwe pur.“
„Geschenkt“,winkte i(s)ch oab, „also gut, de Alkoholgehoalt vom Bier bedeit Läwe. Steckt deunä Oasi(s)cht aach Bewusstseun im Bier, Hä Wert?“
„Indirekt schun“, moante Mosjö Mondmoann, „erst Läwe ämeegli(s)cht Bewusstseun. Dor(s)ch des fandasdisch Gedränk Bier, genaahä gesoat Ewersschdä Expordd, werd ei(s)ch Läwe eugekippt un geloangt deshalb Bewusstseun.“
„Un? Woas bedeit des konkret hier, Bewusstseun?“ froate Babett(s)che.
Doa musst i(s)ch erst iwälä(s)che. Doann: „Bewusstseun ist die hee(s)chte Stuf vun de Existenz. Zim Baaspiel kenne mä fandasdi(s)ch babble, woarim es nodwänni(s)ch seun fer uns Bier zu drinke orrä ob des eun Sinn hodd orrä net, doass mä jetz in de Kneip hocke un ob unsre Kinnä aach eunmoal sol(s)ch tiefgrindi(s)ch Geschprä(s)chsrunde pflä(s)che.“
„I(s)ch waaß net“, Klausi wie(s)chte zwaafelnd de Wersching hie un hä,„des heert si(s)ch oa als wär Bewusstseun nur Selbstzweck. Also,etwa so: Mä äloange Bewusstseun nur um doann soage zu kenne: Jetz hämmä Bewusstseun, awä in Werkli(s)chkaat hodd si(s)ch nix geännert, selwst in Gedoanke net.“
„Ri(s)chdi(s)ch, Klausi“, lobte i(s)ch; „du hosdes äkoannt. Doann hämma des Bewusstseun vum Bewusstseun. Orrä annä Leit, zim Beispiel die Buddiste, soage: Hee(s)chste Stufe dä Älei(s)chtung. Un des bedeit fer uns jetz goanz konkret: Drinke mä all noch oanen.“
Raam, Zaat, Energie, Moaterje
in geniegendä Meng un in Serje
seun fer Existenz nodwänni(s)ch, Grundloage
awä noch net aasrei(s)chend, es bleiwe Froage.
Fer Mensche un Diern is eißerst wi(s)chdi(s)ch des Läwe
erst doann kenne mä noach däm Bewusstseun sträwe.
Übersetzung:„Auf der letzten Filosofenrunde hatten wir geklärt was es mit dem Urknall, Implosion und den ständigen Wiederholungen davon auf sich hat“, eröffnete ich unser wöchentliches Kneipentreffen, an dem wir gewöhnlich, meistens jedenfalls, alle wichtigen Fragen der Menschheit tiefgründig beleuchteten mit Hilfe mehr oder weniger alkoholischen Getränken.
„Mit meinem geniebegnadeten Gehirn habe ich das Beispiel Kneipenbier auch für die Fragen der Existenz allgemein in Gedanken durch gespielt“,redete ich weiter, in Erwartung, dass die anderen 4 Filosofen mit hochneugieriger Freude an meinen Lippen hängen. Aber Heiner und Ludwig gähnten, Babettchen glotzte blöd zum Wirt, dem ein Bierglas umfiel und selbst Klausi, unser Chef-Filosof, starrte stumpfsinnig auf die Tischplatte
anstatt begeistert auf meine Ausführungen zu warten.
"„Bin ich hier auf einer trübsinnigen Beerdigungsversammlung von alternden Säufern oder sind wir eine anspruchsvolle Filosofenrunde?“grantelte ich erzürnt und etwas beleidigt.
„Jetzt hört mir endlich zu! Etwas Aufmerksamkeit könnt ihr mir schon geben, liebe Leute.“
„Tun wir ihm den Gefallen“, lenkte Klausi ein, „lauschen wir, was unser südhessische Filosof Herr Schorschi Schnabbelschnut zu sagen hat, was die Menschheit schon immer wissen wollte.“
Ausdem Tonfall konnte ich nicht so richtig schließen, ob er das ironisch oder ernsthaft meinte.
„Also,Filosofen, das ist so“, begann ich zu dozieren, „Existenz bedeutet für mich das Gegenteil von Nichts. Hier steht ein leeres Bierglas, das ist das Nichts. Da ein volles, das ist Existenz.“
„Hört,hört“, frotzelte Klausi, „sensationell, wirklich.“
„Veruhzen (veralbern) brauchst du mich nicht,Klausi“, kritisierte ich seine blöde Bemerkung,
„weißt du auch aus welchen Teilen die Existenz besteht?“
Darauf wusste der Lästerer nichts zu antworten, blieb stumm und grinste noch nicht einmal.
„Die Existenz besteht aus 4 Komponenten“, erklärte ich, „machmal sogar aus 6.“
„Und die wären?“ fragte Heiner.
„Die vier Grundkomponenten sind: Raum, Zeit, Energie und Materie. Hier, betrachten wir das volle Bierglas. Raum bedeutet das Fassungsvermögen von dem Glas, Zeit heißt, wie lange das Bier da drin ist, also bis wir es getrunken haben. Energie können wir deuten als dem Nährmittelwert von dem Bier und Materie das Bier halt an sich.“
„Du hast von 6 Teilen geredet. Was sind die restlichen2?“ fragte Klausi.
„Na ja, das Modell vom vollen Bierglas eignet sich nicht so gut die verbliebenen 2 Teile einer möglichen Existenz zu erklären. Der fünfte Teil ist Leben und der sechste Bewusstsein.“
„Da muss ich aber energisch widersprechen“, tönte der Wirt, Mosieur Mondmann, hinter der Theke, „im Bier steckt Alkohol und das bedeutet zweifelsohne Leben und zwar Leben pur.“
„Geschenkt“, winkte ich ab, „also gut, der Alkoholgehalt im Bier bedeutet Leben. Steckt deiner Ansicht nach auch Bewusstsein im Bier, Herr Wirt?“
„Indirekt schon“, meinte Mosieur Mondmann, „erstLeben ermöglicht Bewusstsein. Durch das fantastische Getränk Bier,genauer gesagt Eberstädter Export, wird euch Leben eingekippt und gelangt deshalb Bewusstsein.“
„Und? Was bedeutet das konkret hier, Bewusstsein?“fragte Babettchen.
Da musste ich erst überlegen. Dann: „Bewusstsein ist die höchste Stufe der Existenz. Zum Beispiel können wir fantastisch reden, warum es notwendig ist für uns Bier zu trinken oder ob das einen Sinn hat oder nicht, dass wir jetzt in der Kneipe sitzen und ob unsere Kinder auch einmal tiefgründige Gesprächsrunden pflegen.“
„Ich weiß nicht“, Klausi wiegte seinen Kopf zweifelnd hin und her, „das hört sich an als wäre Bewusstsein nur Selbstzweck. Also, etwa so: Wir erlangen Bewusstsein nur um dann sagen zu können: Jetzt haben wir Bewusstsein, aber in Wirklichkeithat sich nichts geändert, nicht einmal in Gedanken.“
„Richtig, Klausi“, lobte ich, „du hast es erkannt.Dann haben wir das Bewusstsein vom Bewusstsein. Oder andere Leute,die Buddhisten z.B., sagen: Höchste Stufe der Erleuchtung.
Und das bedeutet für uns jetzt ganz konkret: Trinken wir alle noch einen.“
Raum, Zeit, Energie, Materie
in genügender Menge und in Serie
sind für die Existenz notwendig, Grundlagen
aber nicht ausreichend, es bleiben Fragen.
Für Tiere und Menschen ist äußerst wichtigdas Leben
erst dann können wir nach dem Bewusstseinstreben.