Blätter fallen

 

„Dämnäkst koann i(s)ch moan erstes Video filme“, informierte uns Klausi uf de Filosoferund, „allädings hebb i(s)ch mä koan Kemmkordä gekaaft,sunnern so ne Digitoalkammera mit Videofunksjoon.“

„Oh,du seun joa rei(s)ch, Hä Dorffdi(s)chtä“, froddselte i(s)ch, „oan woas fer eun Kunstwerk hosde denn gedenkt?“

Doa mä beraats Oktobä hämm, kennt i(s)ch woas Scheenes bastle iwä die Nadur, zim Baaspiel wie die Bläddä vum Herbstschtorm dor(s)ch die Luft werble un wä hocke hier addi(s)ch oadä(s)chdi(s)ch un werdi(s)ch in de Kneip. De Zuschauä duht sofodd sehe, doass mä uns weise uf de kommend Wintä voberaate. Meu Werk soll heiße: Bläddä falle.“

„Des heert si(s)ch loangwaali(s)ch oa, Klausi“, kridisierte Babett(s)che, „awä womee(s)chli(s)ch seuns nidddsli(s)ch, wenn wä oawends in de Forzkuhl leihe un wä kenne net euschlowe.“

„Mä kennt deu Video ebbes ufpeppe mit eunäm feddsi(s)che Lied“, daht Heunä voschlaache.

„GuuteI dee“, stimmte i(s)ch zu, „i(s)ch däht zim Baaspiel sä gern des Lied singe  Eune Seefadd die is lusdi(s)ch, eune Seefadd die is scheen, joa doa koann mä viele Leit iwä die Reeling koddse sehn.“

„Awä,Schor)s)chi“, lachte Klausi, „willsde mi(s)ch väuhze? Des basst nun werkli(s)ch net.“

Doann halt  Meune Oma fährt im Hinkelschtall Modorroad,“ grinste i(s)ch.

„Des duht genaaso wäni(s)ch basse. Noa“, Klausi schiddelte soan Wersching, „selwstväschtännli(s)ch werd i(s)ch meu Werk mit hee(s)cherä Di(s)chtkunst väscheenern, joa berei(s)chern.“

Ä fischte ähn Zeddel aas seunä Jackedasch un daht vodraache:    

 


De Herbstwind schtermt, gäle Bläddä falle

Brunftschreie im dunkle Woald äschalle.

Die Hersche kämpfe um die Weibä

oam Oaldbaam fleet dezu de Kleibä.

Mä hocke in unsrä Kneipe hier

drinke oadä(s)chdi(s)ch unsä Bier.

Fill vänienfdi(s)ch un leis moan läre Bauch

mit leckä doamfend Kneedel, Zwiffellauch


Doch doann muss i(s)ch hoam zur Forzkuhl schtrebe

koann nemmä ähn Roote orrä äh Bier(s)che hebe.

Drauße duht di(s)cht Nebbel mi(s)ch net schteern

awä de bunte Herbstwoald mi(s)ch beteern.

Uf dem gliddschi(s)ch Laub duh i(s)ch  aasruddsche

koann nur Rejewassä vo de Schtroaß ufluddsche.

Viel libbä däht i(s)ch noch baa de Freinde hocke

schee koarte un vägnie(s)cht noch zocke.

Des hosde schee gereumt“, lobte Heunä.

„Schtimmt“,niggte i(s)ch, „allädings, euni(s)che Sache duh i(s)ch net väschtehe, Klausi.

Du babbelst doa woas iwä Zocke. Mä häm hier doch noch nie gekoartet fer Geld .“

„Des kenne mä aach net mache“, äwirrerte Klausi, „falls du,Schor(s)chi, mä als eun Eiro fuffzi(s)ch väliern dähtest, doann dähtest du riehrseeli(s)ch, härzzäreißend schluchze

            i(s)ch Pe(s)chvohel muss jämmäli(s)chst greune

           werd die Sun jemoals wirrä fer mi(s)ch scheune?

Selbst de gefiehloseste, sadisdi(s)ch väolaagte Schwäväbre(s)chä duht doa Mitleid zei(s)che un mit dräneästicktä Stimm seiseln „Joa,des werd se.“

Diese bleed Bemerkunge iwäging i(s)ch. S´woarn nur deppe Väsuche vun meunä berä(s)chdi(s)cht  Kridigg oabzulenke. „Du duhst ebbes woas iwä bunte Herbswoald babble, wenn de oawends vo de Kneip Zim weise Mondmoann hoam tigerst. Du duhst doch goar net debaa dor(s)chen Woald kimme, nur vobaa oan euni(s)che Beem vom kloane Pack. Un doann faselst de noch vun gäle Bläddä, die falle. S`duht doch noch annern Fabbe gewwe baa de Herbstbläddä. Woarim de aach noch äwähne duhsd, doassde hie fällst, västeh i(s)ch ewwefalls net. I(s)ch duh oadauernd aasruddsche, mach awä koan Gedi(s)cht devun.“

Deu Kridigge, Schor(s)chi“, dahtä oantwordde, „seun, wie oft,lä(s)chäli(s)ch. Wenn des alles seun, woasde zu bemängle host,koann i(s)ch mit meunäm Kunstwerk hoch zufriede seun.“

Des woar net des eunzi(s)che, woas i(s)ch net berauschend foand. Meu Uffoassung dezu: Woarim so oan Gedehns fer goans gewehnli(s)che Alldaachssidduaddsjoone? I(s)ch behielt des allädings fer mi(s)ch.I(s)ch schpierte, oan däm Dach woars sinnlos ihn noch waatä zu kridisiern. Meu berä(s)chdi(s)chte

Euwend droange dor(s)chen  un väschwoande im Ner(s)chendwo.

De eune bedrachtet äh Werk als begnoadet kienstläri(s)ch

de annä degeje als ar(s)ch trivijoal, halt iwäflissi(s)ch.  

 

Übersetzung:„Demnächst kann ich mein erstes Video filmen“, informierte unser Klausi auf der Filosofenrunde, „allerdings habe ich mir keinen Camcorder gekauft,sondern eine Digitalkamera mit Videofunktion.“

„Oh,du bist ja reich, Herr Dorf-Dichter“, frotzelte ich, „an was für ein Kunstwerk hast du denn gedacht?“

Da wir bereits Oktober haben, könnte ich was Schönes basteln über die Natur, zum Beispiel wie die Blätter vom Herbststurm durch Luftwirbeln und wir sitzen  hier artig andächtig und würdig in der Kneipe. Der Zuschauer sieht sofort, dass wir uns auf den kommenden Winter vorbereiten. Mein Werk soll heißen: Blätter fallen.“


Das hört sich langweilig an, Klausi“, kritisierte Babettchen, „aber womöglich ist es nützlich, wenn wir abends in der Furzkuhle (imBett) liegen und nicht einschlafen können.“

Man könnte dein Video etwas aufpeppen mit einem fetzigen Lied“, schlug Heiner vor.

Gute Idee“, stimmte ich zu, „ich würde zum Beispiel sehr gerne das Lied singen  Eine Seefahrt die ist lustig, eine Seefahrt die ist schön, ja da kann man viele Leute über die Reling kotzen sehn.“

Aber Schorschi“, lachte Heiner, „willst du mich veruhzen (veralbern)?Das passt nun wirklich nicht.“

Dannhalt  Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“,grinste ich.

„Das passt genauso wenig. Nein“, Klausi schüttelte den Kopf,„selbstverständlich werde ich mein Werk mit höherer Dichtkunst verschönern, ja bereichern.“

Er fischte einen Zettel aus  seiner Jackentasche und trug vor:

 

               „Der Herbstwind stürmt, gelbe Blätter fallen

               Brunftschreie im dunklen Wald erschallen.

               Die Hirsche kämpfen um die Weiber

               am Altbaum flötet dazu der Kleiber.

               Wir sitzen in unsrer Kneipe hier

               trinken andächtig, gepflegt unser Bier.

               Füllen vernünftig leise unsren Bauch

               mit dampfenden Knödel und Zwiebellauch.








 

             

 Doch dann muss ich heim zur Furzkuhle    streben

 kann nicht mehr nen Roten oder ein Bierchen heben.

 Draußen tut dichter Nebel mich nicht stören

 aber der bunte Herbstwald mich betören.

 Auf dem glitschigen Laub tu ich ausrutschen

 kann nur Regenwasser der Straße auflutschen.

 Viel lieber würd ich noch bei den Freunden    hocken  (sitzen)

 schön karten und vergnügt noch zocken.           ( karten= Kartenspielen)

 

„Das hast du schön gereimt“, lobte Heiner.

„Stimmt“,nickte ich, „allerdings, einige Sachen verstehe ich nicht. Du redest da was über Zocken. Wir haben hier doch noch nie für Geld mit Karten gespielt.“

Das können wir auch nicht machen“, erwiderte Klausi, „falls du,Schorschi, mehr als ein Eurofünfzig verlieren würdest, dann wirst du rührseelig, herzzerreißend schluchzen:

   

 ich Pechvogel muss jämmerlich weinen

 wird die Sonne jemals wieder für mich scheinen?

 

Selbst der gefühlloseste, sadistische Schwerverbrecher zeigt da Mitleid und säuselt mit tränererstickter Stimme: „Ja, das wird sie.“

Diese blöde Bemerkungen überging ich. S`waren nur deppe Versuche von meiner berechtigten Kritik abzulenken. „Du schwätzt da etwas über bunten Herbstwald, wenn du abends von der Kneipe Zum weisen Mondmann  nach hause tigerst. Du kommst doch dabei gar nicht durch den Wald, nur vorbei an einigen Bäumen vom kleinen Park. Und dann faselst du noch von gelben Blättern, die fallen. S´gibt doch noch andere Farben bei den Herbsblättern.  Warum du auch noch erwähnst, dass du hinfällst, versteh ich ebenfalls  nicht. Ich rutsche andauernd aus,mache aber kein Gedicht davon.“

„Deine Kritiken, Schorschi“, antwortete er, „sind, wie oft, einfach lächerlich. Wenn das alles ist, was du zu bemängeln hast, dann kann ich mit meinem Kunstwerk hoch zufrieden sein.“

Das war nicht das Einzige, was ich nicht berauschend fand. Meine Auffassung dazu: Warum so ein Gedöhns für ganz gewöhnliche Alltagssituationen?

Ich behielt das allerdings für mich. Ich spürte, an dem Tag war es sinnlos ihn noch weiter zu kritisieren. Meine berechtigten Einwände drangen durch ihn durch und verschwanden im Nirgendwo.                   

 Der eine betrachtet ein Werk als begnadet künstlerisch

 der andere dagegen als arg trivial, halt überflüssig.