Monsieur Mondmann, sein Kulturtempel (mit Kurzvideo 1m6s)
weiter unten noch: Possen und Possenverse
„Heert moal zu, ihr Filosoofe“, babbelte Mosjö Mondmoann, unsä Wert, „ihr kennt ei(s)ch gliggli(s)ch schäddse, doass i(s)ch hier in Juräm diese Gastschdädd fiehrn duh.“
„Wie kimmsde zu diesä Meunung?“ froate Klausi, unsä Scheff-Filosoof un Dorffdi(s)chtä.
„Is doch kloar“, Mosjö Mondmoann daht seu Händ aaseunannä bewä(s)che, „ohne mi(s)ch dähts hier die Filosooferund net gewwe, waal es doann nämli(s)ch die Kneip....äh...Gast-
schdädd mit däm dreffende Noam Zim weise Mondmoann net gewwe däht.
Selwst im Herbst, wie jedds, werd de Klausi un moan(s)chmoal aach de Schor(s)chi, ach woas, alle Filosoofe hier, zu hee(s)chä Filosoofie un hee(s)chä Di(s)chtkunst oagerä(s)cht.“
„Net goans falsch“, nickte Klausi, „i(s)ch hebb beraats wirrä eunen Vers gebastelt, duht moal lausche:
Bläddä falle
Seifä lalle
torkeln aas de Kneip enaus
wolle net noach haus.“
„I(s)ch hebbs joa gesoat“, beschdähdi(s)chte unsä Wert, „die Edelgastschdädd hier is eun purä Kuldurtempel.“
Heunä daht euwerffe: „Na joa, ehä eun Dorfftempel.“
„Noa“, schiddelte de Wert seun Kopp, „falschä Begriff. Des is eune Herawerddi(s)chung dä Realidäht.“
In diesä Add ging des Gebabbel noch waatä. Wä Filosoofe moante hoalt, diese Euschäddsung woar rei(s)chli(s)ch iwädriwwe, ä selwä babbelte sogoar vun Hochkuldur.
Zwaa, drei Schtunne ging des so.
Zim Oabschluss des Oawens soate noch Klausi: „Loasse wä ruhi(s)ch unserm Wert seun Schpass. Doazu noch eun bassendä Vers, heert moal:
Mosjö Mondmoann un seun Kuldurtempel
is werkli(s)ch eun hä(r)li(s)ch Kuldurschtempel
uf unsä dolles Dorff gedrickt.
Jawoll, ri(s)chdi(s)ch geheert, liewe Leit
des is also iwähaapt net värickt
des galt gestern schun, gilt aach noch heit.“
„Alles schee un gut“, babbelte de Wert, „awä wä misse droddsdäm jedds Schluss mache un die Kneip....äh...des Edelrestroa fer heit schließe, Aach die Hochkuldur muss jedds schloafe gehe.“
Hintergrundmusik: Cinematic Music by Infraction (No Copyright Music)
Übersetzung: „Hört mal zu, ihr Filosofen“, sprach Monsieur Mondmann, unser Wirt, „ihr könnt euch glücklich schätzen, dass ich hier in Jugenheim diese Gaststädte führe.“
„Wie kommst du zu dieser Meinung?“ fragte Klausi, unser Chef-Filosof und Dorfdichter.
„Ist doch klar“, Monsieur Mondmann bewegte seine Hände auseinander, „ohne mich würde es hier die Filosofenrunde nicht geben, weil dann nämlich die Kneipe..äh..Gaststädte mit den treffenden Namen Zum weisen Mondmann nicht geben würde.
Sebst im Herbst, wie jetzt, werden der Klausi und manchmal auch der Schorschi, ach was, alle Filosofen hier, zu höherer Filosofie und höherer Dichtkunst angeregt.“
„Nicht ganz falsch“, nickte Klausi, „ich hab auch wieder einen Vers gebastelt. Lauscht mal:
Blätter fallen
Säufer lallen
torkeln aus der Kneipe raus
wollen nicht nach haus.“
„Ich habs ja gesagt“, behauptete unser Wirt, „die Edelgaststädte ist ein purer Kulkturtempel.“
Heiner warf ein: „Na ja, eher ein Dorftempel.“
„Nein“, schüttelte der Wert den Kopf, „falscher Begriff. Dies ist eine Herabwürdigung der Realität.“
Auf diese Art ging das Gerede noch weiter. Wir Filosofen meinten halt, die Einschätzung des Monsieur Mondmann war reichlich übertrieben, er selber schwätzte sogar von Hochkultur.
Zwei, drei Stunden ging das so.
Zum Abschluss des Abends sagte noch Klausi: „Lassen wir ruhig unserem Wirt seinen Spaß. Dazu noch ein passender Vers, hört mal:
Monsieur Mondmann und sein Kulturtempel
ist wirklich ein herrlicher Kulturstempel
auf unser tolles Dorf gedrückt.
Jawoll, richtig gehört, liebe Leute
das ist also überhaupt nicht verrückt
das galt gestern schon, gilt auch noch heute.“
„Alles schön und gut“, meinte der Wirt, „aber wir müssen jetzt Schluss machen und die Kneipe...äh...das Edelrestorant für heute schließen. Auch die Hochkultur muss jetzt schlafen gehen.“
Possen und Possenverse
„Des leddste moal hodd unsä Wert, ebbes in Väkennung de dahtsä(s)chli(s)ch Realidäht, seu Kneip als Tempel de Hochkuldur bezei(s)chnet“, babbelte Klausi, „fer meune Werke, die wo i(s)ch hier gereumt hebb, moag des joa heifi(s)ch zudreffe. Awä fer des geisdi(s)ch Äbrochene vum Schor(s)ch“, ä linste schpeddi(s)ch grinsend zu mä, „duht des fast nie gelte.“
Sol(s)ch hiegeroddste, polemi(s)ch Kridigge vun unserm erste Dorffdi(s)chtä dahte mi(s)ch net iwärasche, i(s)ch woars gewehnt un deshalb aach net belaadi(s)cht, jedefalls noch net.
„Woas de Schor(s)chi baa uns brodudsiert“, kridisierte Klausi uugeriehrt waatä, „seun iwäwie(s)chend Posseverse niederä Kwalidäht.
Seune Geschi(s)chte in Prosa seun joa oft lusdi(s)ch, moan(s)chmoal aach indresoant. Ä sollte si(s)ch doa druf beschränke, des Di(s)chte awä seun loasse.“
„Also, des sollte mä doch ebbes genauä behoannle“, äwirrerte i(s)ch, „als voeili(s)ch er(s)chendwel(s)che, velli(s)ch uukwalifizierte Urdeile dor(s)ch die Gejend schpriddse. Zuerst moal klärn, woas iwähaapt Posse seun un doann woas is eun Possevers.“
„Deriwwä hebb i(s)ch mi(s)ch beraats kundi(s)ch gemoacht“, daht Klausi behaapte, „ne Posse is haaptsä(s)chli(s)ch dor(s)ch zwaa Punkte gekennzei(s)chnet, nämli(s)ch eun Äei(s)chnis, des wo velli(s)ch iwädrifffe gedähdi(s)cht werd un zwaatens, kroamfhaft lusdi(s)ch dor(s)ch gefiehrt, doargeschtellt werd.“
„Kimmt doa net noch woas Drittes hiezu“, moante Ludwig, unsä Edelhä, „wi(s)chdi(s)ch is doch, woas doa beschriwwe un gemoacht werd. Posse behoandle zim Baaschpiel sä oft rä(s)cht uuedle Sache, die wo die Gossepennä als wi(s)chdi(s)ch emfinne, wie etwoa Scheiße, Pisse, Saufe un so waatä.“
„Woas ordinäre Aaasdricke kimme denn doa aas deunäm Edelmeil(s)che, Ludwig?“ froddselte i(s)ch.
„I(s)ch hebb jedds moal oabsi(s)chtli(s)ch diese Posseaasdrick benuddst, um zu vädeitli(s)che, woas Posse heifi(s)ch seun.“
„I(s)ch hebb doa moal eune Froag oan ei(s)ch Filosoofe“, i(s)ch guckte in die Rund, „is folgendä Schpruch eun Possevers orrä net:
Forze is gesund
fer Babba, Kind un Hund.“
„Selwsväschtännli(s)ch, Possevers“, krähte Babett(s)che un Ludwig.
„S` kimmt uf die Umschtänd oa“, moante Klausi , „wenn de Babba, aas medidsinischä Si(s)cht, viel zu wäni(s)ch forzt un die Erddste wolle ärei(s)che, doassä doch wirrä normoal forzt, also uugefäh verzeh Normoalferz pro Daach, doann is diesä Schpruch zwaafelsohn koan Possevers, sunnern eune Hilfe, ri(s)chdi(s)ch gesund zu läwe.
Fallsä awä zu viel forzt, soage mä moal dreißi(s)ch moal oam Daach donnern, doann isses nur eun Possevers.“
„Moag joa seun“, daht Babett(s)che zugewwe, „awä muss mä uubedingt so eun Gossepennäaasdruck benuddse?“
„Wie duhst du denn fer forze soage?“ froate i(s)ch.
„Goasfermi(s)che Schtoffwäkselbrodukte aas de Gesäßvädiefung oabschtoße. Awä net lache debaa.“
„Des heert si(s)ch geschwolle oa“, kridisierte Klausi, „zu viele Werddä fer eun eufach Sachvähoalt. Mit so nä umschtändli(s)ch Deffiniddsjoon, isses schwieri(s)ch orrä sogoar uumeegli(s)ch eunen korzen, euprägsoamen Vers zu basteln.“
Übersetzung: „Das letzte mal hat unser Wirt, etwas in Verkennung der wirklichen Realität, seine Kneipe hier als Tempel der Hochkultur bezeichnet“, schwätzte Klausi, „für meine Werke, welche ich heir gereimt hatte, mag das ja häufig zutreffen. Aber für das geistig Erbrochene vom Schorschi“, er linste spöttisch grinsend zu mir, „gilt das fast nie.“
Solche hingerotzten, polemischen Kritiken von unserem ersten Dorfdichter überraschten mich nicht. Ich war es gewöhnt und deshalb auch nicht beleidigt, jedenfalls noch nicht.
„Was der Schorschi bei uns produziert“, kritisierte Klausi ungerührt weiter, „sind überwiegend Possenverse niederer Qualität. Seine Geschichtchen in Prosa sind ja oft lustig und manchmal auch interessant. Er sollte sich darauf beschränken, das Dichten aber sein lassen.“
„Also, das sollten wir doch etwas genauer behandeln“, erwiderte ich, „als voreilig irgendwelche, völlig unqualifizierten Urteile durch die Geegnd spritzen. Zuerst mal klären, was überhaupt Possen sind und dann, was ist ein Possenvers.“
„Darüber habe ich mich bereits kundig gemacht“, behauptete Klausi, „eine Posse ist hauptsächlich durch zwei Punkte gekennzeichnet, nämlich ein Ereignis,
das völlig übertrieben gemacht wird und zweitens krampfhaft lustig durchgeführt, dargestellt wird.“
„Kommt da nicht noch was Drittes hinzu“, meinte Ludwig, unser Edelherr, „wichtig ist doch, was da beschrieben und gemacht wird. Possen behandeln zum Beispiel sehr oft nur recht unedle Sachen, die die Gossenpenner als wichtig empfinden, wie etwa Scheißen, Pissen, Saufen und so weiter.“
„Was ordinäre Ausdrücke kommen da aus deinem Edelmäulchen, Ludwig?“ frotzelte ich.
„Ich hab jetzt mal absichtlich diese Possenausdrücke benutzt, um zu verdeutlichen, was Possen häufig sind.“
„Ich hab mal eine Frage an euch, Filosofen“, ich guckte in die Runde, „ist folgender Spruch ein Possenvers oder nicht:
Furzen ist gesund
für Papa, Kind und Hund.“
„Selbstverständlich, Possenvers“, krähten Babettchen und Ludwig.
„Es kommt auf die Umstände an“, meinte Klausi, „wenn der Papa, aus medizinischer Sicht, viel zu wenig furzt und die Ärzte wollen erreichen, dass er doch wieder normal furzt, also ungefähr 14 Normalfürze pro Tag, dann ist dieser Spruch zweifelsohne kein Possenvers, sondern eine Hilfe, richtig gesund zu leben.
Falls er aber zu viel furzt, sagen wir mal 30 mal am Tag donnern, dann ist es nur ein Possenvers.“
„Mag ja sein“, gab Babettchen zu, „aber muss man unbedingt so einen Gossenpenneraus-
druck benutzen?“
„Wie tust du denn für furzen sagen?“ fragte ich.
„Gasförmige Stoffwechselprodukte aus der Gesäßvertiefung abstoßen. Aber nicht lachen dabei und den Edelabstand wahren.“
„Dies hört sich zu geschwollen an“, kritisierte Klausi, „zu viele Wörter für einen einfachen Sachverhalt. Mit so einer umständlichen Definition ist es schwierig oder sogar unmöglich einen kurzen, einprägsamen Vers zu basteln.“