Biblis und Gurken   (mit Video 2m46s)


„Die Kloaschdadd Biwwels is joa bekoannt fer des Atomkraftwerk, des wo allädings beraats zwaadausendelf vum Nedds genumme is“, babbelte Lena während unsrä Filosooferund.
„Wie kimmsde jedds doa druf?“ wollt i(s)ch wisse.
„Mit meunä lieb Schwesdä Laurä“, se deitete uf die Genoannte, „hebb ich vo zwaa Woche eune Roadtour gedähdi(s)cht“, daht se informiern.
„Des is aach guud so“, nickte i(s)ch, „i(s)ch moan des mit däm Oabschoalte.“
„Wie so is des gut ?“ daht Ludwig, unsä relladiv rei(s)chä Edelhä, euwenne, „beschtimmt seun doa diesä Gemeunde viel Arweidsplädds välorn gegoange.“
„Des is schun ri(s)chdi(s)ch, woas de soats, Ludwig, waaßte awä aach wie loang mä dän Atom-Mill vun de Biosfär gedrennt ufbewoahrn muss, doamit die radjooakdive Schtroahlung koan Bleedsinn macht?“
Oan seunä bescheiert Mien koannt i(s)ch sofordd äkenne, Ludwig wuste des net.
Deshalb klärte i(s)chen uf: „Eune milljoon Joahrn. Un des vädoanke wä dänne loangläbi(s)ch Nukliede Pu 239 un I 129 .
S`duht zwaa Inscheneern gewwe, die behaapte, mä kennt die Zaat vielaa(s)cht väkärddse,
in däm diese loangläbi(s)che Atomkerne oabdrenne duht, allädings is des äksdräm ufwändi(s)ch un so woas ar(s)ch, ar(s)ch deiä.“

„So ri(s)chdi(s)ch gelunge  is des allädings bis heit net“, babbelte (s)ch waatä, „un die Loagerungszaat däht doann immä noch euni(s)che dausend Joahrn dauern orrä minnesdens fienfhunnerd Joahrn, woas ich un aach viele annern alleweil noch fer eune värickt loange Zaat hoalte.“
„Wä hebbe schun friehä deriwwä geredd“, daht si(s)ch Klausi ins Geschprä(s)ch euschoalte, „des braache mä heit net nähä aasfiehrn. Biwwels is die Gurkeschdadd in Siedhesse, woars zuminnesd moal gewäse. Doamit sollte wä uns beschäfdi(s)che.“
„Ri(s)chdi(s)ch“, daht i(s)ch baapfli(s)(chte, „vo eunäm Joahr hebb i(s)ch mit meunä Familje eun Korzufenthoalt in Biwwels genieße derffe.
Eun Packpladds fer meu Audo hebb i(s)ch dordd gesucht un gefunne. Doa woarn aach zwaa Oaloage, die wo fer die E-Audos Schtroom liffern. Doann ließ i(s)ch meune Familje zurick, die wollte net mit mä gehe, un i(s)ch daht Billä un Videoklibbs ufnemme.
Als i(s)ch doann wirrä des gepackte Audo suche daht, hebb i(s)chs net gefunne. Vielaacht ne dreivertel Schtunn daht i(s)ch in däm Ordd rim errn, meu Kist woar ner(s)chenswo zu sehe. Doa droaf i(s)ch ne Fraa un eun Moann, die wo vo eum Haus hockte un Kaffee schlerffte.  Die hebb i(s)ch oagebabbelt un um Askienfte gebeete.
De Moann soate, geje..iwwä däm Raathaus oan de Haaptschtroaß wärn so zwaa Laadungs..schaddsjoone fer E-Audos. Ä froate mi(s)ch, wel(s)che Fabb un wel(s)ches Kennzei(s)che meu Audo denn hädde.
Zuerst kapierte i(s)ch net, wieso ä des wisse wollt, doann dahtä voschlaache, ä kennte moal mit seunäm Road rim foahrn un meu Kist suche.
Seun Vohoabe daht mi(s)ch werkli(s)ch ar(s)ch äfreihe, i(s)ch daht des als sä, sä freindli(s)ch un hilfsberaat emfinne.
Uf däm Disch, oan däm die zwaa hockte schtoand eun ge..effnetes Gummerngloas.
„Se gucke so sie(s)chdi(s)ch uf des Gloas“, bemerkte de Moann, „wolle se eune Gummä fuddern?“

I(s)ch wollte net, bedoankte mi(s)ch addi(s)ch un soate, doass i(s)ch oam Raathaus noach meunäm Audo moal gucke werd, woas i(s)ch doann aach daht un dahtsä(s)chli(s)ch, doa foand i(s)chs.“
„Doass diesä Moann so iwwäaas freindli(s)ch woar, is net väwunnäli(s)ch“, eißerte Laura, „net wäni(s)che in däm Ordd behaapte, Gummernväzähr däht driebe Schtimmungsgefiehle väni(s)chte un Freindli(s)chkaat unHilfsberaatschaft äbliehe loasse.
Gummern wern in diesäm Ordd heit nemmä viel orrä aach goar net mä uf de Eckä brodudsiert, Lännä wie Poole, Schpoanje un Holland kenne des billi(s)chä dähdi(s)che.
Ähoalte hodd si(s)ch awä dordd die Kuldur des Gummernfudderns. Selwst im Kinnägadde schpielt des noch ne Roll. Doariwwä koann i(s)ch eune Anekdot beri(s)chte, die wo i(s)ch in Biwwels geheert hebb.
Also Leit: Duht moal lausche. In de Kita  Schmuck-Käfä  daht des Mäks(s)che zu Sara soage: „Du host eun Bongbong in deunä Hoand, duhsde mä des schenke, i(s)ch däht jedds gern euns luddsche.“  „I(s)ch hobb nur des eune, des will i(s)ch selwä luddsche“, daht des Mäd(s)che oantwordde.   „Du bist eune goans bleede Ploandschkuh“, kommendierte de Buh diese Bemerkung un daht noch annern uufreindli(s)che Beschimpunge iwwä des Kinn schidde.
Un ä bleekte noch dezu: „I(s)ch muss jedds eufach zorni(s)ch seun un schimpe. Des muss raas aas mä.“
Sara ging doa druf zur Äziehärin un beschwärte si(s)ch: De Buh Mäks(s)che is ar(s)ch kraddsbersdi(s)ch, goans fies un gemeun. Ä muss jedds uubedingt eune Gummä esse, doamitä wirrä normoal werd.
De Buh wollte koa Gummä, die moag i(s)ch net, dahtä bemerke.
Doann duh wäni(s)chsdens eune halbe fuddern, daht die Äziehärin voschlaache. Des machte des Kinn doann aach.





Kloa Mäks(s)che duht zorni(s)ch Wirräwordde schpucke
seum Oaschdoandsgefiehl duht des iwähaapt net jucke.
Drim mussä eili(s)chst ne Gummä väzehrn
so werdä seu drieb Schtimmung net entbehrn.

       Hintergrundmusik: Living -PIKASONIC (NCM)


Übersetzung: „Die Kleinstadt Biblis ist ja bekannt für das Atomkraftwerk, das allerdings bereits 2011 vom Netz genommen wurde“, schwätzte Lena während unserer Filosofenrunde.
„Wie kommst du jetzt da drauf?“ wollte ich wissen.
„Mit meiner lieben Schwester Laura“, sie deutete uf die Genannte, „hab ich vor zwei Wochen eine Radtour gemacht“, informierte sie.
„Das ist auch gut so“, nickte ich, „ich mein das mit dem Abschalten.“
„Wieso ist das gut?“ wandt Ludwig, unser relativ reicher Edelherr, ein, „bestimmt sind da dieser Gemeinde viele Arbeitsplätze verloren gegangen.“
„Das ist schon richtig, was du sagst, Ludwig, weißt du aber auch wie lang man den Atom-Müll von der Biosphäre getrennt aufbewahren muss, damit die radioaktive Strahlung keinen Blödsinn macht?“
An seiner bescheuerten Miene konnte ich sofort erkennen, Ludwig wusste das nicht.
Deshalb klärte ich ihn auf. „Eine Millionen Jahre. Und dies verdanken wir den langlebigen Nukliden Pu 239 und I 129.
Es gibt zwar Ingenieure, die behaupten, man könnte die Zeit vielleicht verkürzen, in dem man diese langlebigen Aomkerne abtrennt, allerdings ist das extrem aufwendig und so was sehr, sehr teuer.“

„So richtig gelungen ist das allerdings bis heute nicht“, redete ich weiter, „und die Lagerungszeit würde dann immer noch einige tausend Jahre dauern oder zumindestens 500 Jahre, was ich und auch andere immer noch für eine verrückt lange Zeit halten.“
„Wir hatten schon früher darüber gesprochen“, schaltete sich Klausi ins Gespräch ein, „dies brauchen wir heute nicht näher ausführen.
Biblis ist die Gurkenstadt in Südhessen, war es zumindest einmal gewesen. Damit sollten wir uns beschäftigen.“
„Richtig“, pflichtete ich bei, „vor einem Jahr hab ich mit meiner Familie einen Kurzaufenthalt in Biblis genießen dürfen.
Einen Parkplatz für mein Auto suchte ich dort und fand auch einen. Da waren zwei Anlagen, die für die E-Autos Strom liefern.  Dann ließ ich meine Familie zurück, die wollten nicht mit mir gehen, und ich nahm Bilder und Videoclips auf.
Als ich dann wieder das geparkte Auto suchte, fand ich es nicht. Vielleicht eine dreiviertel
Stunde irrte ich im Ort rum, meine Kiste war nirgendwo zu sehen.
Da traf ich eine Frau und einen Mann, die vor einem Haus saßen und Kaffee schlürften.
Die hab ich dann angequatscht und um Auskünfte gebeten.
Der Mann sagte, gegenüber dem Rathaus an der Hauptstraße wären so zwei Ladungsstatio-
nen für E-Autos. Er fragte mich, welche Farbe und welches Kennzeichen mein Auto denn hätte.
Zuerst kapierte ich nicht, wieso er das wissen wollte, dann schlug er vor, er könnte mal mit seinem Rad rum fahren und meine Kiste suchen.
Sein Vorhaben erfreute mich wirklich sehr, ich empfand ihn als sehr, sehr freundlich und hilfsbereit.
Auf dem Tisch, an dem die zwei saßen, stand ein geöffnetes Gurkenglas.
„Sie gucken so süchtig auf das Glas“, bemerkte der Mann, „wollen Sie eine Gurke futtern?“

Ich wollte nicht, bedankte mich artig und sagte, dass ich am Rathaus nach meinem Auto mal schauen werde, was ich dann auch tat und tatsächlich, da fand ich das Auto.“
„Dass dieser Mann so überaus freundlich war, ist nicht verwunderlich“, äußerte Laura, „nicht wenige in dem Ort behaupten, Gurkenverzehr würde trübe Stimmungsgefühle vernichten und Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft erblühen lassen.
Gurken werden in diesem Ort nicht mehr viel oder auch gar nicht mehr auf den Äckern produziert, Länder wie Polen, Spanien und Holland können das billiger machen.
Erhalten hat sich aber dort die Kultur des Gurkenessens. Selbst im Kindergarten spielt dies noch eine Rolle. Darüber kann ich eine Anekdote berichten, die ich in Biblis gehört habe.
Also Leute: Hört mal zu.
In der Kita  Schmuck-Käfer  sagte Mäxchen zu Sara: „Du hast ein Bonbon in deiner Hand,
schenkst du mir das, ich würde jetzt gerne eins lutschen.“ „Ich hab nur das eine, das will ich selber lutschen“, antwortete das Mädchen.  „Du bist eine ganz blöde Plantschkuh“, kommentierte der Bub diese Bemerkung und schüttete noch andere unfreundliche Beschimpfungen über das Kind.
Und er blökte noch dazu: „Ich muss jetzt einfach zornig sein und schimpfen. Das muss raus aus mir.“
Sara ging darauf hin zur Erzieherin und beschwerte sich: Der Bub Mäxchen ist sehr kratzbürstig,fies und gemein. Er muss jetzt unbedingt eine Gurke essen, damit er wieder normal wird.
Der Bub wollte keine Gurke, die mag ich nicht, bemerkte er.
Dann futter wenigstens eine halbe, schlug die Erzieherin vor. Das machte das Kind dann auch.
Klein Mäxchen tut zornig Widerworte spucken
seinem Anstandsgefühl tut dies überhaupt nicht jucken.
Drum muss er eiligst eine Gurke verzehren

so wird er seine trübe Stimmung nicht entbehren.